Arbeiten 4.0: Drei Irrtümer ­und wie wir uns wappnen

Dieser Beitrag von mir ist auf Anregung von Elke Tonscheidt vor Kurzem auf ohfamoos erschienen. Aber natürlich möchte ich ihn auch meinen Lesern nicht vorenthalten.

Neulich kam ich auf einer Abendveranstaltung mit jemandem ins Gespräch, der sich wie ich mit neuen Formen der Arbeit, Digitalisierung und Unternehmenskultur beschäftigt. Wir waren gleich völlig vertieft in unsere Themen und plötzlich stellte ich fest, dass wir beide ein breites Lächeln im Gesicht hatten. So schön war es, mal jemandem gegenüber zu stehen, der genauso für die Sache brennt wie ich selbst.

Und obwohl die neuen Arbeitswelten – Arbeiten 4.​0, Industrie 4.​0 und wie sie alle heißen – in den Medien und vor allem auch den sozialen Netzwerken breit diskutiert werden, trifft man im Alltag noch relativ selten Menschen, die sich wirklich für das Thema interessieren.

Und wenn, dann gibt es einige Vorurteile und Missverständnisse. Ich habe drei heraus gepickt und sie gleich beantwortet.

1. Die neue Arbeitswelt ist doch nur was für Nerds, oder?

Von wegen. Die neue Arbeitswelt geht uns alle an! Ganz egal, wo man tätig ist. Der Wandel macht vor nichts und niemandem Halt. Beispiele gibt es heute schon genug. Ärzte sitzen längst Patienten gegenüber, die sich im Internet oder mit tragbaren Geräten bereits umfassend selbst diagnostiziert haben. Lehrer und Professoren müssen online Bewertungen über sich und ihre Leistung ergehen lassen. Und mit den zunehmenden Möglichkeiten, Seminare und Kurse online zu belegen, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Präsenzkultur an Universitäten abgeschafft wird.

Sekretäre und Assistenten brauchen heute nicht mehr im Büro nebenan sitzen, sondern können uns auch von ihren Schreibtischen in Mumbai, Bangalore oder Sofia aus unterstützen. Auch Anwaltskanzleien droht die Konkurrenz aus dem Netz, denn rechtliche Fragen können schon lange nicht mehr ausschließlich vom Anwalt selbst, sondern auch online beantwortet werden. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.

Fakt ist: Nahezu jeder Beruf ist vom Wandel durch die Digitalisierung betroffen, Widerstand ist zwecklos. Das heißt nicht, dass wir alle arbeitslos werden und untergehen.

Wir haben sogar gute Chancen, als Gewinner aus dem Prozess hervorzugehen. Aber wir müssen wachsam sein, Möglichkeiten erkennen und ergreifen und dabei auch einen gewissen Mut an den Tag legen, um öfters mal etwas Neues auszuprobieren.

2. Mich wird das alles nicht betreffen.

Wusstest Du, dass wir heute in zwei Tagen so viele Daten generieren, wie in der gesamten Geschichte der Menschheit bis ins Jahr 2003? Dass es heute mehr Handys auf der Welt gibt als Menschen? Und dass 65 Prozent der heutigen Schüler später einmal in Berufen arbeiten werden, die derzeit noch nicht einmal existieren, während 47 Prozent der heutigen Jobs in zehn bis zwanzig Jahren komplett verschwunden sind?

Egal ob als Arbeitnehmer oder Arbeitgeber, als Lehrer oder Schüler, als Eltern oder als Kinder – wir alle werden davon betroffen sein.

Und obwohl so viel längst passiert und bisher nur von einer kleinen Elite wahrgenommen wird, wursteln sich die meisten von uns weiter durch einen (Arbeits)alltag, der eigentlich längst der Vergangenheit angehören sollte.

3. Egal was da kommt – wir können doch eh nichts dran ändern.

Stimmt – aber nur zum Teil. Klar ist: Wie auch immer wir persönlich Veränderungen gegenüber stehen, ob wir sie gut finden oder nicht: Wir können sie weder aufhalten noch rückgängig machen. Vieles, was wir heute mit Arbeit verbinden, wird sich in Zukunft mehr und mehr auflösen. Wir werden nicht mehr zwangsläufig die Arbeit an einem bestimmten Ort, mit denselben Kollegen, zu einer bestimmten Zeit und für Jahre oder gar Jahrzehnte für ein- und denselben Arbeitgeber verrichten. Das bedeutet auch, dass sich unser soziales Umfeld rund um den Arbeitsplatz lockern oder sogar auflösen wird.

Diesen Veränderungen – und darüber sollten wir uns bewusst werden – stehen wir nicht hilflos gegenüber! Wir können sie sogar nach unseren Bedingungen mitgestalten, ja vielleicht sogar in unserem Sinne an unsere spezielle Situation anpassen. Je mehr wir darüber wissen, desto eher sind wir in der Lage, dies auch zu tun.